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zur Kommunalwahl am 13. September
Gemeinwohlorientiertes Wohnen und Bauen in der Stadt?
Politiker*innen stellen sich unseren Fragen
Das Thema „Wohnen“ haben sich viele Parteien im Kommunalwahlkampf auf die Fahne geschrieben. Denn bezahlbarer Wohnraum – in Gemeinschaft, guter Nachbarschaft, ökologisch vertretbar und den sich ändernden gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnissen angepasst – ist in Köln Mangelware.
Das Kölner Bündnis für Gemeinwohlprojekte des Mehr-als-Wohnen-Paktes (mehr-als-wohnen-pakt-köln.de) wollte es genauer wissen und hat bei den Parteien nachgefragt. Was konkret wollen sie tun, um ein sozial gerechteres Wohnen und vielfältige Stadträume in Köln voran zu bringen?
Geantwortet haben die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, außerdem Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos, von GRÜNEN und CDU unterstützt). CDU und die Wählergruppe GUT haben nicht reagiert, die Antwort der FDP 2 Wochen nach Redaktionsschluss konnte nicht mehr berücksichtigt werden.
Um noch schnell vor der Wahl einen Überblick über unsere Fragen und die erhaltenen Antworten zu bekommen, sind diese hier in einer übersichtlichen Tabelle dargestellt.
Eine Zusammenfassung der eingegangenen Antworten und unsere Einschätzung dazu ist hier zu finden:
Die SPD will innovativen Ideen, wie gemeinsamen Wohnflächenkonzepten für Studierende und Azubis, kooperativen und inklusiven Wohnprojekten, Mehrgenerationenhäusern, Senior*innenwohnen, Demenzkrankenwohngruppen, Co und Micro-Housing „häufiger eine Chance geben“. Dazu setzen die Sozialdemokraten auf eine ausschließliche Vergabe von städtischen Grundstücken im Erbbaurecht und im Konzeptvergabeverfahren, nah an unseren Forderungen. 30 Prozent der Vorhaben sollen dann an städtische Gesellschaften, 20 Prozent an Genossenschaften, 30 Prozent an den preisgedämpften Wohnungsbau mit langer Bindung gehen. 20 Prozent bleiben der städtischen Flächen bleiben dem Markt zur freien Verfügung. Zur Förderung sollen auch Mittel des von der SPD geforderten Wohnungbsbaufonds fliessen.
Unsere Einschätzung: Die SPD unterstützt damit alle wichtigen Instrumente, hat aber vorrangig den Preis im Blick und sollte sich noch stärker mit den Gewinnen konzeptionell ausgerichteter Projekte beschäftigen. Städtische Flächen brauchen nicht für den freien Markt reserviert werden, dazu gibt es private Flächen und auch private Anbieter können sich in Konzeptausschreibungen bewerben.
Auch Die GRÜNEN messen gemeinschaftlichen Wohnformen zukünftig eine große Bedeutung zu. Ihrer Meinung nach fehlen in Köln noch mehr größere und realisierte Projekte. Dazu setzen sie auf die Vergabe von städtischen Grundstücken grundsätzlich nur im Konzeptverfahren. Ausschlaggebendes Kriterium bei der Konzeptvergabe, soll nicht mehr der maximale Preis sein, sondern es sollen vor allem ökologische und soziale Ziele hoch gewichtet werden. Das Verfahren betrachten sie als weiterentwicklungsbedürftig und von Kompromissen geprägt. Sie bieten insbesondere ihre Gremien als offene Foren der Mitarbeit an, um das Thema zu stärken. Auf die privaten Flächen, will man mit Überzeugungsarbeit einwirken. Wenn die richtigen Konzeptkriterien politisch durchsetzbar würden, wäre auch eine 100% Gemeinwohlquote denkbar.
Unsere Einschätzung: In dieser Legislatur schien es oft schwer, die bekundeten Interessen in der Koalition durchzusetzen. Es wird ein gesamtheitlicher Blick auf die Projekte geworfen und vor allem erkannt, dass diese in die Stadtteile ausstrahlen. Wir halten trotz der Konzeptvergabe ein gezieltes Anschieben von Erstprojekten einer neuen Generation von Gemeinwohlprojekten, in kooperativer Projektentwicklung, für erforderlich.
Nach Ansicht der DIE LINKE sollen städtische Wohnungsunternehmen sowie gemeinwohlorientierte Genossenschaften, Baugruppen oder auch das Mietshäuser Syndikat gegenüber profitorientierten Unternehmen gestärkt werden. Dafür hält sie für städtisch entwickelte Flächen eine Quote von 15% für gemeinwohlorientierte Projekte sinnvoll. Zudem setzt sie für die Vergabe städtischer Grundstücke auf das Erbbaurecht und die Konzeptvergabe im Festpreis, mit einem für gemeinwohlorientierte Projekte deutlich reduziertem Erbpachtzins. Das beste Konzept hinsichtlich sozialen und ökologischen Kriterien soll den Zuschlag erhalten. Auch private Investoren sollen über städtebauliche Verträge zur Berücksichtigung gemeinwohlorientierter Kriterien verpflichtet werden. Milieuschutzsatzungen sollen in Zukunft 20% der Einwohner vor Verdrängung schützen. Ungenutzte Grundstücke will man durch Baugebote und im Extremfall Enteignungen aktivieren.
Unsere Einschätzung: DIE LINKE hat sich intensiv mit den Herausforderungen beschäftigt und unterstützt wesentliche Ziele unseres Bündnisses. Als Opposition tut sie sich leichter den Finger in viele Wunden zu legen aber in der Sache könnte sie eine gute Stütze für angeschobene Prozesse sein. Sie verweist klarer als andere auf die Notwendigkeit aktiver Liegenschaftspolitik, um Gemeinwohl zu garantieren.
Frau Reker steht gemeinschaftlichen Wohnformen grundsätzlich positiv gegenüber, vor allem sei es wichtig, dass es Mehrgenerationenhäuser gibt und auch Baugruppen in den neuen Entwicklungsgruppen Möglichkeiten erhalten. Auch Frau Reker hält dabei die Konzeptvergabe für das beste Mittel um gemeinwohlorientiertes Wohnen zu fördern. Sie möchte an den aktuell bestehenden Rahmenbedingungen für die Konzeptvergabe vorerst festhalten. Welche Kriterien für die Konzeptvergabe dabei besonders hoch gewichtet werden sollen, sei abhängig von der jeweiligen Liegenschaft.
Unsere Einschätzung: Frau Reker (da formal parteilos separat angefragt) antwortet präsidial, vielleicht auch mit Rücksicht auf die CDU. Die Förderung bleibt mehr ideell und belegt eine tiefere Auseinandersetzung mit den Herausforderungen gemeinwohlorientierter Projekte nicht. Durch die enthaltenen Gesprächsangebote, besteht Hoffnung, hier noch mehr Klarheit und Unterstützung zu gewinnen. Mehr Ambition im Tempo und Umfang wäre wünschenswert. Die CDU verwendet in Ihrem Wahlprogramm das Wort “Gemeinwohl” genau ein Mal, im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Zu Städtebau und Wohnen werden viele positive Bilder bedient, die aber ein Durchbrechen der Marktunzulänglichkeiten nicht deutlich anstreben.
Die FDP war weder für die Konzeptvergabe, noch scheint sie eine explizite Förderung alternativer Projektformen als wichtig zu erachten. Sie setzt weiter auf den Markt, zu dem selbst der Eigentümer der CG Immobilien Gruppe in einem Rundschauinterview sagte “… der regelt garnix.”
Die Ratsgruppe GUT , stimmt laut Wahlprogramm in der Richtung aber nicht in jedem Detail mit unseren Forderungen überein. Dem Text zufolge kann sie eine Stütze in der Entwicklung sein.
Fazit
Erbbaurecht und Konzeptvergabe scheinen für die meisten Parteien die Schlüssel für eine Neuausrichtung des Wohnungsmarkts zu sein. An weitergehende Regulierungen,wie sie in vielen Großstädten auch für private Großbauvorhaben festgelegt sind, trauen sie sich kaum heran. So wichtig die beiden genannten Bausteine sind, markiert dies vor allem die mangelnde Erfahrung mit den Instrumenten und birgt die Gefahr einer sehr zögerlichen Entwicklung, sofern die Stadtgesellschaft nicht mit dauerndem Druck daran weiter arbeitet. Allerdings wird die Bedeutung der zivilgesellschaftlichen Akteure des gemeinwohlorientierten und gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens von allen Parteien erkannt.
Auch eine strukturelle Repräsentation der gemeinwohlorientierten Projekte, in den relevanten Foren wird allseits befürwortet.
Bisher scheitern viele Projekte an den mangelnden Strukturen in der Stadt zur Kooperation und Projektbegleitung und natürlich an der Nicht-Verfügbarkeit geeigneter Grundstücke, die in sinnvollen Konzeptausschreibungen angeboten werden. Die antwortenden Parteien haben sich alle darauf festgelegt, unsere Ziele zu unterstützen und dürfen nach der Wahl dahingehend in die Pflicht genommen werden.
Bündnisadresse:
Mehr-als-Wohnen-Pakt@stadtraum5und4.org
Mehr-als-Wohnen-Pakt Köln c/o STADTRAUM 5und4 e.V.